Mit seinen Schauspielkünsten begeisterte das Ensemble „Bauchgefühl“ vom Schultheater-Studio aus Frankfurt insgesamt 300 interessierte Schüler*innen, Lehrkräfte sowie Begleitpersonen am 06. März 2018 mit dem interaktiven Theaterstück der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung im Franziskaner-Gymnasium Kreuzburg. Das Hessische Kultusministerium und das Hessische Sozialministerium unterstützen diese Kampagne zur sexuellen Gewaltprävention und haben 2017 die Rechte am Theaterstück erworben.
Die Schülerinnen und Schüler der sechsten Klassen aus Hanau und dem Main-Kinzig-Kreis waren mit ihren Lehrkräften teilweise von weit her angereist, um der Einladung des Staatlichen Schulamtes für den Main-Kinzig-Kreis, der Stabsstelle Prävention, Sicherheit und Sauberkeit in der Stadt Hanau und der Regionalen Geschäftsstelle Netzwerk gegen Gewalt im Polizeipräsidium Südosthessen zu folgen und sich dem heiklen Thema des „sexuellen Kindesmissbrauchs“ zu widmen.
Ziel der BZgA- Initiative „Trau Dich!“ ist es, den Schüler*innen Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen, Gefühle und Grenzverletzungen anzusprechen, um sich so besser vor Übergriffen zu schützen. Den Kindern und Jugendlichen wird aufgezeigt, an wen sie sich im Bedarfsfall wenden können, um Hilfe zu holen. Dazu wurde die NUMMER GEGEN KUMMER, dass Kinder und Jugendtelefon – 116 111 und Ansprechpersonen wie der Schulpsychologe des Franziskaner-Gymnasiums, eine Vertreterin der Schulpsychologie des Staatlichen Schulamts für den Main-Kinzig-Kreis und Verantwortliche aus der Fachberatungsstelle Lawine e.V. sowie dem WEISSEN RING e.V. vorgestellt.
Der ganzheitliche Ansatz der Gewaltpräventionsinitiative beinhaltet neben dem interaktiven Theaterstück auch die Fortbildung der Lehrkräfte sowie einen Informationsabend für Eltern. Beides wurde durch die Fachberatungsstelle Lawine e.V. durchgeführt und stieß auf reges Interesse. Lehrkräfte erhielten Impulse, wie sie mit der Thematik „sexuelle Übergriffe“ im Unterricht umgehen können und wie sie ihre Schüler*innen auf das Theaterstück vorbereiten. Sie konnten lernen, Ängste abzubauen, Signale von Kindern und Jugendlichen ernst zu nehmen und einzuordnen. Die teilnehmenden Lehrkräfte formulierten zum Abschluss, dass es wichtig wäre, zukünftig Schulstunden zur Vor- und Nachbereitung bereitzustellen und fest einzuplanen. Eltern wurde ein Eindruck darüber vermittelt, wie ihren Kindern das sensible Thema näher gebracht wird. Eltern und Lehrkräfte erhielten Auskunft darüber, an wen sie sich im konkreten Einzelfall wenden können, um schnellstmöglich Beratung und Hilfe zu erfahren.
In der polizeilichen Kriminalstatistik in Hessen werden jährlich im Durchschnitt der letzten drei Jahre ca. 765 Fälle des sexuellen Missbrauchs erfasst. (Von 798 (2015) über 771 (2016) bis 727 (2017) Fälle. Die Aufklärungsquote beträgt aktuell 88,6%; d.h. 644 Fälle konnten 2017 geklärt werden. Es kann jedoch von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen werden. Betroffene Kinder haben oftmals nicht die Möglichkeit sich dem Missbrauch zu entziehen bzw. sich mitzuteilen. Im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Südosthessen (Stadt und Kreis Offenbach, Stadt Hanau und dem Main-Kinzig-Kreis) wurden im vergangenen Jahr 84 Fälle registriert. Im Jahr zuvor waren es noch 136 erfasste Fälle. In der Stadt Hanau sind im Jahr 2017 insgesamt 15 Kinder (7 Jungen und 8 Mädchen) betroffen. 2016 waren es noch 12 Kinder. Die Täter sind überwiegend männlich und stammen vorwiegend aus dem sozialen Nahfeld. Eine konsequente Strafverfolgung und eine gut vernetzte Präventionsarbeit mit den Schulen, den Schulaufsichtsbehörden, der Justiz, den Jugendämtern und den Beratungsstellen ist der Polizei ein wichtiges Anliegen. Mit einer vernetzten Zusammenarbeit kann es gelingen, Täter zu ermitteln und sie einer gerechten Strafe oder einer entsprechenden Therapiemaßnahme zuzuführen. Die polizeilichen Opferschutz- und Migrationsbeauftragten sind als Ansprechpersonen bei der Vermittlung von Hilfs- und Beratungsangeboten behilflich.
Das Staatliche Schulamt für den Main- Kinzig- Kreis legt seit langer Zeit einen Fokus auf die Präventionsarbeit an den Schulen. Die Schulen im Aufsichtsbereich werden dabei mit einem umfangreichen Fortbildungsangebot zum Thema Gewaltprävention und Kinderschutz unterstützt. Der sexuelle Missbrauch als ein wesentlicher Aspekt, der das Kindeswohl gefährden kann, ist Bestandteil einer Qualifizierung für Lehrkräfte. Es konnten bereits über 100 qualifizierte Ansprechpartner und Ansprechpartnerinnen bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung bzw. „Präventionslotsen“ in Hanau und dem Main-Kinzig-Kreis ausgebildet werden Die Qualifizierungsveranstaltungen werden von Vertreterinnen der Schulpsychologie des Staatlichen Schulamts in Zusammenarbeit mit dem Jugendamt des Main-Kinzig-Kreises, dem Kommunalen Sozialen Dienst der Stadt Hanau, Lawine e.V. und der Hanauer Familien- und Jugendberatung durchgeführt. Im Schuljahr 2018/ 2019 ist zudem eine mehrtägige Fortbildung für Lehrkräfte mit dem Schwerpunkt „Prävention von und Umgang mit sexuellen Übergriffen im schulischen Kontext" geplant, um die Schulen noch gezielter beim Umgang mit diesem Thema zu unterstützen und Handlungssicherheit zu vermitteln.
Die BZgA- Initiative Trau Dich! ist hervorragend geeignet, um Schülerinnen und Schülern der 6. Jahrgangsstufe, Lehrkräfte und Eltern behutsam aber doch eindringlich mit dem Thema des sexuellen Missbrauchs in Berührung zu bringen. Die Initiative zeigt wiederholt die gelungene und engmaschige Zusammenarbeit aller Netzwerkpartner im Themenbereich Gewaltprävention.
Quelle: netzwerk-gegen-gewalt.hessen.de